Geologisch gesehen ist Taiwan Teil des "Pazifischen Feuerrings", einer seismisch besonders aktiven Zone am Rande des Pazifiks, wo riesige tektonische Platten aufeinanderprallen, was häufig zu schweren Erdbeben führt. Die politische Stabilität der Insel ist ähnlich fragil, und es besteht die Gefahr, dass sie zwischen Machtblöcken und Unruhen zerrieben wird.
1945 wurde Taiwan Gründungsmitglied der Vereinten Nationen und als "Republik China" Vollmitglied des Sicherheitsrats. Im Jahr 1971 nahm Richard Nixon jedoch die Beziehungen zwischen den USA und dem chinesischen Mutterland wieder auf, und die "Republik China" musste die UNO verlassen. Seitdem kämpft Taiwan um seine diplomatische Anerkennung. Nur ein Dutzend seiner diplomatischen Vertretungen rund um den Globus haben Botschaftsstatus. Obwohl Taiwan viele internationale Freunde und Handelspartner hat, kann es sich keine Nation leisten, mit China als Industriemacht zu brechen, und so wird Taiwan weder von Deutschland noch von einem anderen europäischen Land außer dem Vatikan anerkannt. Mit anderen Worten: Taiwan ist nur der sichtbarste Vertreter dieses globalen Dilemmas.
In dieser Situation hat Taiwan eine neue Form der Außenpolitik entwickelt, die es ihm ermöglicht, unter dem Radar der offiziellen Diplomatie, über Nichtregierungsorganisationen und Handelsbeziehungen, Netzwerke mit anderen aufzubauen. Im Theater sind wir mit der Vorspiegelung von Tatsachen vertraut. Wie würde eine Darstellung von Taiwan auf der Bühne funktionieren? Welche Fahne, welche Hymne, welches Ritual wäre für unsere Zeit angemessen?
Zusammen mit taiwanesischen Künstlern recherchierte Stefan Kaegi während eines siebenwöchigen Aufenthalts am Nationaltheater Taipeh und sprach mit Diplomaten, Geologen, Technikern aus der Halbleiterindustrie, Politikern und Geschäftsleuten. Drei von ihnen werden in This Is Not An Embassy (Made in Taiwan) auf der Bühne stehen: ein Botschafter im Ruhestand, ein digitaler Aktivist, ein Musiker und die Erbin eines Bubble Tea-Imperiums.